Anfang des Jahres kam ein Freund zu mir und erzählte mir, er hätte Lust an der Hardalpitour in Italien teilzunehmen.
2016 hatte ich mir schon einmal Mitfahrer für diese Tour gesucht. Es ist ein super Erlebnis geworden.
2016 starteten wir auf der Classic Version. Christian meinte nun, wenn wir schon die lange Anreise auf uns nehmen, dann sollten wir auch richtig teilnehmen und die Extreme, so nennt sich die lange Version, fahren.
Gesagt und beschlossen.
Um uns konditionsmässig etwas auf die Tour vorzubereiten zu können, verbrachten wir eine Woche in Polen. Dort hat man noch sehr gut die Möglichkeit, offroad zu fahren.
Kurz zur Erklärung.
Die Hardalpitour, kurz HAT, ist eine Offroad Veranstaltung in Süden von Italien in den Alpen. Es ist eine Art Rallye aber hier gibt es keine Sieger oder Verlierer. Sie hat mehr einen touristischen Aspekt.
Bei der Extreme geht es über 830 Kilometer zu etwa 70 Prozent durch die Berge. Für die Strecke hat man ein Zeitfenster von etwa 42 Stunden.
Leider erlitt Christian wenige Tage vor dem Start einen Unfall, dadurch war für ihn der Start bei der Hardalpitour nicht mehr möglich.
So startete ich in den frühen Morgenstunden des Mittwoch in Schwerin auf die über 1600 Kilometer lange Anreise. Im Raum Koblenz sammelte ich dann unseren Mitstarter Lutz auf. In Metz übernachteten wir das erste Mal und etwa 350 km vor dem Startort nochmals. Am frühen Nachmittag am Freitag trafen wir in Sanremo ein.
Hier waren wir mit Henryk, Teilnehmer Nummer drei unseres Teams, verabredet.
Nach dem Einchecken blieb bis zum Briefing noch etwas Zeit, um am Strand zu relaxen. Um Abendessen brauchten wir uns nicht kümmern. Wir waren zum Dinner geladen.
Mit etwas Verspätung startete kurz nach 23 Uhr das erste Team auf die über 830 Kilometer. Dann ging es im Minutentakt weiter. Kurzes Statement und ein Startbild bevor sich auch für uns die Flagge hob.
Und los ging es. Noch eine kleine Schleife inklusive Fotostopp durch die Stadt und dann wurden die Wege auch schon zusehends schmaler bis unvermittelt der Asphalt aufhörte und gröberer Schotter den Weg bestimmte. Nach einer kurzen Schrecksekunde war ich auf "offroad" eingestellt.
Im Vorfeld der Veranstaltung bekam jeder Starter per Link die Möglichkeit, sich die Strecke als Track herunter laden zu können. Diese Daten beinhalteten auch kleine Ausweichstrecken für den Fall, daß einem vielleicht die eine oder andere Stelle doch zu schwierig ist. Ebenso gehörte zu dem Datensatz auch Wegpunkte für die Verpflegungsstellen und Tankstellen, die man schon selbst mit einplanen musste.
Aus meinem ersten Start habe ich doch einige Erfahrungen mitgenommen. Deshalb minimierte ich das Gepäck auf das wirklich allernötigste und vertraute meine Rolle dem Gepäckservice an.
Unter Beachtung unseres frühen Starten am heutigen Tag und der gut 350 Kilometer durch die Berge nach Sanremo hatten wir geplant, so bis ca 2 oder 3 Uhr in der Früh zu fahren und uns dann bei einem Verpflegungspunkt einen Schlafplatz zu suchen.
Wir waren so mit Adrenalin "angefüllt", das wir unsere Zeitplanung ganz schnell verabschiedeten. Regelmäßige kurze Trinkpausen und ein etwas längerer Stopp, um etwas zu essen, waren eine gute Grundlage, die Nacht durchzufahren und einen wundervollen Sonnenaufgang in den Bergen erleben zu dürfen.
Gegen 10 Uhr, als die Sonne dann endlich die Kühle der Nacht vertrieben hatte, suchten wir uns dann doch einen Ruheplatz. Denn ganz ohne Schlaf ist es doch etwas riskant. Man wird Unaufmerksamkeit oder einfach nur müde und schon liegen Moped und Fahrer am Boden. Oder vielleicht noch schlimmer in irgendeinem Abgrund.
In den Abgrund bin ich nicht gefahren aber eine kleine Unaufmerksamkeit hat gereicht, damit mir das Vorderrad weg springt und ich das Moped quer auf den Weg gelegt habe.
Immer mal wieder gibt es kurze Abschnitte, wo wir auf Asphalt fahren, speziell wenn es zum Verpflegungspunkt fahren. Und man dann immer wieder ganz schnell, wenn der Asphalt aufhören wird. Der Track verlässt irgendwo nach rechts oder links die Hauptstraße, sich dann meist in enger werdenden Serpentinen den Berg hoch zu ziehen.
Eine kleine Zwangspause verschaffte uns diese Herde Schafe. Nebenbei blieb auch mal etwas mehr Zeit die Landschaft zu genießen.
Das obige Foto zeigt eine recht harmlose Wegpassage. In der vergangenen Nacht sind wir so manchen Weg nur im Vertrauen auf den Track hinein gefahren. Unter normalen Umständen hätte ich das eine oder andere Mal selbst bei Tageslicht meine Zweifel gehabt, dort mit der schweren 12er GSA entlang zu kommen.
Und dann gibt es, wie auf den Bildern oben zu sehen, Streckenabschnitte, auf denen es richtig Spaß macht, dahin zu gleiten. Denn sie fahren sich , im Verhältnis gesehen, fast schon wie eine Autobahn. Und nebenbei gibt es super Landschaft zum genießen.
In der von Freitag zu Samstag bemerkten wir die Kühle der Nacht immer nur während der kurzen Pausen. Die zweite Nacht versuchen dann doch etwas mehr zu planen. Wir machen am frühen Abend eine etwas längere Pause. Die längere Pause war auch bedingt dadurch, dass wir hier auch auf die Fahrer der anderen Strecken trafen.
Wir beschließen, den Verpflegungspunkt so rechtzeitig zu verlassen, dass wir im nächsten größeren Verpflegungspunkt etwas ausruhen können. Ihn kenne ich schon von meinem letzten Start bei der HAT. Es ist ein Gasthof in einem kleinen Ort. Auserdem ziehen am Himmel dunkle Regenwolken auf, die wir nicht unbedingt als Wegbegleiter haben möchten.
In dem Gasthof treffen wir kurz vor 22 Uhr ein. Im Vorraum haben sich schon einige Fahrer mit ihren Matten breit gemacht und versuchen, etwas Ruhe zu finden. Im Gastraum ist noch ganz normaler Gasthofbetrieb, so das wir uns dort noch nicht breit machen dürfen. Ich belege einen Tisch ziemlich in einer Ecke des Raumes und bestelle mir einen nicht unbedingt günstigen Imbiss.
So nach nach verließen die "normalen" Gäste den Gasthof und wir durften uns dann auch etwas mehr ausbreiten und ein wenig Ruhe finden.
Bei unserem Start kurz nach zwei Uhr in der Frühe hatten sich der Gasthof gefüllt. Überall lagen sie kreuz und quer. Plätze, die frei wurden, wurden von immer noch ankommenden Fahrern in Beschlag genommen. Die, die jetzt ankamen, hatten alle ihr Regenzeug an. Das war für uns Bestätigung in dieser Frage alles richtig gemacht zu haben!
Der Regen ist durchgezogen und wir können unsere Fahrt bei recht kühler aber trockener Luft fortsetzen. Wenige hundert Meter am Ortsausgang führt der Track über eine Wiese. Hier waren schon zahlreiche Spuren zu sehen. Und am Ende der Wiese sahen wir ein ziemliches Lichtgetümmel. Auch ein Allradfahrzeug stand dort. Und dann sahen wir auch schon die Bescherung. Ein wunderbares Modderloch, in dem schon ein paar Bikes lagen, hatte sich dort gebildet und mit jedem Moped, was da durch musste, gewann es an Qualität. Irgendwie schafften wir es da durch zu kommen, ohne uns abzulegen. Und dann ging es auf einem ausgefahren schmierigen Weg serpentinenartig talwärts. Von der kühlen Nachtluft war sofort nichts mehr zu spüren!
Der Regen in der vergangenen Nacht veranlasste den Veranstalter einen offensichtlich ziemlich schwierigen Streckenabschnitt zu sperren, um unnötige Unfälle zu vermeiden. Ein wenig bedauern wir es aber noch finden wir es völlig in Ordnung, dass hier der Veranstalter seiner Verantwortung gerecht geworden ist. Und das obwohl jeder von eine entsprechende Erklärung unterzeichnen musste, durch die der Veranstalter bei eventullen Unfällen nicht in Haftung genommen werden kann, da wir alle auf eigene Gefahr hier starten.
Wir fahren nochmals in einen wunderbaren Sonnenaufgang. Durch die Umleitung in der Nacht haben wir plötzlich einen etwas größeren Zeitpuffer. Gegen zehn Uhr erreichen wir ein sehr schönes sonniges Plätzchen mit bester Aussicht. Wir lassen uns zu einem Picknick hinreißen und machen auch noch für eine gute Stunde Augenpflege.
Das Ziel erreichen wir gegen vierzehn Uhr. Hier fällt mir sofort wieder die wunderbar auffällige F 650 ins Auge. Sie ist mir schon beim Start aufgefallen. Gefahren wird sie von einer der wenigen Frauen, die mit am Start waren. Annika, so heißt sie, erzählt mir von ihrem Pech auf der Tour. Und dabei wäre sie doch so gerne Colle dell`Assietta gefahren. Kurz entschlossen erklären Lutz und ich bereit, mit ihr nochmal mit ihr dort hoch zu fahen. Vorerst muss ich aber noch tanken. Die Restreichweite bei meiner BMW zeigt mir noch gute 60 Kilometer an. Also an der nächst besten Tanke angehalten. Aber leider kann sie uns aus technischen Gründen kein Benzin verkaufen. Also gehe ich das Risiko , das mein Spritvorrat für die Strecke doch nicht reichen könnte. Lutz beruhigt mich. Im Falle eines Falles könnten wir von seiner GSA etwas absaugen. Schlauch haben wir dabei.
Bei der Abfahrt ist es dann soweit. Ein Stück talwärts kann ich das Moped noch rollen lassen aber dann hat sie doch Durst. Aus irgendeinem Grunde bekommen wir es aber nicht hin aus Lutz seiner Maschine Kraftstoff abzusaugen. Was für ein Glück, dass Annikas BMW noch einen Vergaser hat und damit auch über Benzinhahn verfügt. Das erleichtert die ganze Sache ungemein und nach kurzer Zeit können wir talwärts zur nächsten Tanke rollen. Hier trennen sich unsere Wege von Annika, der wir viel Glück für den nächsten Versuch, hier bei der HAT zu starten, wünschen. Denn sie fährt einen sehr guten Reifen. Hut ab!