Ich habe eine Entscheidung getroffen. Die Tour wird für mich in Bishkek enden. Damit brauche ich auch das Zelt nicht mehr. Das Koffersystem leidet unter mehreren Brüchen in den Verstrebungen. Ich habe in den letzten Wochen mein Gepäck um einiges erleichtert. Zum Glück. Ich biete Nikita das Zelt an. Ich zeige ihm im Hostel einmal den simplen Aufbau und er packt es freudestrahlend ein. Bitte schön.
Um sieben Uhr soll heute früh Abfahrt vom Hostel in Richtung Osch/Kirgisien sein. Suso hat noch ein kleines Problem. So warte ich auf ihn und dann starten auch wir.
Bis nach Osch sind es über 600 km. Das werden wir nicht an einem Tag schaffen. Auch weil auf der Strecke zwei Grenzübertritte zu bewältigen sind. Aus der Erfahrung der letzten Wochen wissen wir, dies kann auch mehrere Stunden in Anspruch nehmen. Obwohl ... so richtig lange hat es nur bei der Einreise nach Russland gedauert. In vielen Reiseblogs wird oft davon berichtet, das Stunden der Warterei verbracht worden sind. Dies kann ich bis jetzt nicht bestätigen. Manche Dinge haben Zeit gebraucht aber wirklich stundenlang ohne Sinn haben wir nirgendwo gewartet.
So sieht mein Hinterradreifen nach über 13.000 km aus.
Ich denke, der Mitas E 07 hat sich ganz gut geschlagen unter den Bedingungen.
An einer Steigung will ich in einem kurzen Spurt ein Auto überholen.
Am Gashahn gedreht und vorwärts geht es ... so kenne ich das. Aber diesmal schnellt nur der Drehzahlmesser hoch ohne Beschleunigung. Oh!!!
"Mierda" ... wie Suso sagen würde.
Die Kupplung sagt mir, ich will so nicht! Also ist etwas vorsichtiger fahren angesagt. Ich muss mit ihr bis hinter die Grenze von Usbekistan kommen.
Dann ist eine eventuelle Problemlösung einfacher.
Gegen Mittag treffen wir uns an einem Schnellimbiss.
Hier verabschiedet sich Nikita aus unserer "Pamir-Reisegruppe".
Er fährt weiter nach Taschkent und dann nach Hause.
Gute Reise Nikita!
Therese, Lutz und Roman beschließen, noch heute bis nach Osch zu fahren, damit Lutz morgen seinen Reifenwechsel durchführen lassen kann.
Das schaffe ich mit meiner angeschlagenen Kupplung nicht in dem Tempo. Ich werde mit Suso versuchen, noch die Grenze nach Usbekistan zu schaffen.
Die Berge weichen einer Ebene mit viel Ackerbau.
Gegen 16:30 Uhr erreichen wir den geplanten Grenzübergang. Uns wird erklärt, wir können diesen nicht passieren. Wir versuchen es etwas mit bitten und "betteln".
Es hilft nichts.
Wir werden hier nicht durchgelassen.
Konsequenz - etwa 90 km zurück nach Kairakum
und auf der anderen Seite vom Stausee in Richtung Kokand/Usbekistan fahren.
Kurz vor 20 Uhr erreichen wir den Grenzübergang. Die Formalitäten sind super schnell erledigt. Es ist nicht viel los und alle sind hier recht entspannt.
Es gibt viel Smalltalk und bei uns keine tiefe Kontrolle des Gepäcks.
Die letzten 60 km fahren wir im dunklen. Es ist einfach nur gefährlich. Viele Autos, Lkws und auch Radfahrer ohne jegliche Beleuchtung und so weiter.
Nach über 675 km nehme ich nur noch eine ausgiebige Dusche
und falle ins Bett.
Super ausgeruht und gestärkt starten wir in Richtung Osch.
Therese, Lutz und Roman trafen gestern auch sehr spät im dortigen Gästehaus ein. Sie hatten ebenfalls einen vergeblichen Versuch an einem Grenzübergang.
Die rund 170 km bis zur Grenze nach Kirgisien legen wir recht entspannt zurück.
Da wir gestern in Tajikistan noch einmal vollgetankt haben, können wir dieses kurze Stück in Usbekistan ohne Geldtauscherei durchqueren.
Dies ist mit ziemlicher Sicherheit mein letzter "Laufzettel" an einer Grenze auf meiner Tour.
Wir haben ihn relativ schnell abgearbeitet.
Das gewohnte Bild.
Die Trucker stehen lange an,
um die Grenze passieren zu können.
Am Nachmittag treffe ich mit Suso im Gästehaus bei den anderen ein. Lutz hat den Reifenwechsel an der BMW bereits erledigt. Da sie sich auch schon eine SIM - Karte für Kirgistan gekauft haben, können sie uns den Tipp geben, wo wir dieses am einfachsten erledigen können.
Bei einem kleinen Rundgang erleben wir noch etwas vom ganz normalen Leben in dieser Stadt, verweilen in einem Cafe ... gönnen uns ein Eis.
Unser nächstes gemeinsames Ziel ist das Gebiet um den
Für einen Tag ist die Strecke zu lang. Deshalb heißt das Ziel für heute Kasarman.
Auffällig heute :
Es werden sehr viele Pferde auf irgendwelchen Kleintransportern spazieren gefahren.
Wir fahren eine Weile am Fluss Kökart entlang an dessen einer Seite eine ziemlich steiles Ufer entstanden ist,
und wo wir auch viele neue Abbrüche entdecken.
Später wird aus dieser feinen Schotterstraße eine wunderbare Schotterpiste über den Pass, wie wir sie schon lange nicht hatten.
Sie zu fahren macht wirklich Spaß.
An einem kleinen Bachlauf neben der Piste legen wir eine kurze Rast ein. Es wird Tee und Kaffee gekocht ...die Getränke im Bachlauf gekühlt. Von einem Wohnwagen gegenüber bringt uns ein kleines Mädchen eine Tüte mit Käsekugeln.
Mich können die Käsekugeln geschmacklich nicht ganz so überzeugen.
Nach dieser schönen Piste geht es für heute noch einmal richtig hoch.
Auf dem Weg nach Kasarman passieren wir den Kaldamo - Pass mit 2950 Meter
über dem Meeresspiegel.
Ab hier muss die Transe ohne den Steinschlagschutz aus Alu für den Motor auskommen. Er hat hat sich auf dem Weg zur Passhöhe von der Maschine getrennt.
Auf dem Weg ins Tal wird es sofort merklich grüner ...
... und wir passieren einige Jurtencamps.
Nach fast 280 Kilometern mit vielen neuen Eindrücken im Gedächtnis und erschöpft
- der eine mehr und ein anderer etwas weniger -
quartieren wir uns um kurz nach 17 Uhr
im Islam Guesthouse ein. Aus der Küche kommt ein sehr wohltuendes Mehrgänge-Menü abgerundet mit frischem Obst.
Nach dem Frühstück verabschieden wir uns heute von Roman. Er macht sich auf den Heimweg nach Nowosibirsk. Es war eine tolle Zeit, mit ihm gemeinsam zu reisen. Nicht nur weil durch ihn so manch Sprachbarriere besser überwunden wurde. Ich habe ihn als interessierten und angenehmen Reisepartner empfunden.
Komm gut heim!
Bis zum Sogköl sind es etwa 200 Kilometer, je nachdem wo wir ein Nachtquartier finden werden. Lutz hat auf der Karte mehrere große Jurtenlager ausfindig gemacht, die überwiegend vom Tourismus leben.
Ich bin gespannt, was uns dort erwartet.
In einem kleinen Ort finden wir ein kleines "Magasin". Für eine kurze Rast können wir uns hier mit allem was wir brauchen eindecken - Cola, Wasser, etwas Süßes und auch eine Wurst. Nur Brot hat sie nicht in ihrem leicht chaotisch wirkenden Laden. Sei`s drum. Zur Not kommt die Wurst auch ohne Brot in den Magen.
Ein Mann mit Weitblick in jeder Hinsicht.
Suso muss etwas Schlaf nachholen.
Er war in der vergangenen Nacht ständiger Besucher der Keramikausstellung im Gästehaus.
Diese riesige Tore oder auch Durchfahrten lassen sich vor ganz vielen Otschaften finden.
Mal sind sie wie hier einfach nur ein Metallgerüst aber oft sind sind aus Beton und künstlerisch etwas aufwendiger gestaltet.
Und dann geht es noch einmal richtig hoch.
Auf dem Weg zum Pass treffen wir noch dieses Paar auf ihren Rädern. Sie sind auch unterwegs zum Songköl. Mit dem Motorrad ist die ganze Sache schon nicht immer einfach. Aber auf dem Rad stelle ich mir das noch einmal ungemein anstrengender vor.
Respekt!
Fast unmittelbar nach der Passhöhe ändert sich die Landschaft schlagartig. Es wird eine grüne Ebene
auf 3000 m Höhe.
Rechtzeitig bevor das herannahende Gewitter uns erreicht, finden wir ein Nachtlager in einem der größten Jurtenlager am Songköl. Es gibt Jurten zum schlafen und dann sind da die Jurten, in denen die Mahlzeiten serviert werden. Und natürlich auch eine Küchenjurte und viele mehr.
Dieses Lager ist eins der größten und besten. Und das hat natürlich auch Schattenseiten. Es gibt richtige Reiseanbieter, die hierher fahren.
Und da ist zum Beispiel in den Jurten zum essen ein ziemlicher Durchgang.
Sehr eng getaktet, würde ich fast sagen.
In den letzten Tagen hatte ich für mich ein kleines Ritual entwickelt. Nach dem Ankommen an der Unterkunft suchte ich mir einen Platz, wo ich mich flach und ausgestreckt hinlegen konnte. Dies ist hier nicht möglich. Die Bänke in den Speisejurten sind viel zu kurz. Und einfach nur auf den Boden legen, bringt mir auch nicht viel. Denn er ist nirgendwo eben.
Zum Abend hin wird mittels der kleinen Öfen richtig eingeheizt. Leider wurde die Nacht für mich nicht so entspannend. Das Gewitter und der Regen hielt sich sehr lange über dem See. Und dann war irgendetwas im Essen, was mein Magen nicht so mochte. Das hieß ... Schuhe an ... im Regen bei frischem Wind über den dunklen Platz zu den Örtchen (was gäbe ich jetzt für ein Baustellen-Dixi?).
Die Örtchen sind ein tiefes Loch im Boden
abgedeckt mit einer Platte in einem "Verschlag" ohne Licht.
Und wenn es einen erwischt, !läuft! man mehr als einmal.
Heute trennen sich wieder die Wege. Aber bis dahin werden wir noch gute zweihundert Kilometer gemeinsam fahren.
Auf das Frühstück verzichte ich. Mein Magen verlangt nach noch keiner Nahrungsaufnahme. Mit etwas Tee im Bauch wird es besser.
Gegen 14 Uhr ist es dann so weit. An einer Tankstelle heißt es Abschied nehmen.
Therese & Lutz setzen ihre Reise über Kasachstan und Russland nach Ulan Bator fort.
Ich fahre mit Suso nach Bishkek.
Wir ziehen den Moment nicht allzu sehr in die Länge. Ich wünsche den beiden noch viele interessante Momente in einer unbekannten Gegend. Mögen sie die nächsten fast fünftausend Kilometer pannenfrei erleben können.
Gute Reise euch beiden!
Ich erreiche mit Suso gegen 17 Uhr Bishkek und
wir beziehen das gemietete Appartment,
welches sehr zentral gelegen ist.
Für mich ist heute nur noch duschen und schlafen wichtig. Die letzte Nacht hat mich doch mehr geschafft als ich dachte.
Suso hat sich immer noch nicht wirklich erholt.
Die Toilette ist zum Glück für ihn jetzt sehr nah.
So entschließen wir uns, am zweiten Abend ein Krankenhaus aufzusuchen. Zum Glück gibt es Google Maps. Es liegt bei uns um die Ecke. Leider konnten sie da nicht helfen und gaben uns die Adresse zu einem anderen Krankenhaus. Gute zwanzig Minuten Fußmarsch entfernt. Das Krankenhaus bestand aus einer Anlage von vielen kleinen Flachbauten. Es dauerte eine Weile bis wir uns durchgefragt haben und bei einer Ärztin im Behandlungszimmer saßen.
Aber so hat auch dieses Kapitel
ein gutes Ende genommen.
Wir nutzen die Zeit für mehrere Spaziergänge durch die Stadt und bereiten die Übergabe der Motorräder für den Transport nach Deutschland und Spanien vor, probieren uns durch einige Restaurants und schauen den Menschen zu, die hier leben.
Nach 14.904 Kilometer endet meine
Motorad-Auszeittour 2023
mit vielen Eindrücken und Erlebnissen,
für die ich wohl noch viel Zeit brauchen werden
alle zu verarbeiten.
Danke an alle,
die mich auf diesen vielen Kilometern begleitet haben.
КОНЕЦ
Grit (Freitag, 04 August 2023 09:46)
Hallo Jörg,
meine Bewunderung für den Mut zu dieser Tour!!!!
Die Eindrücke kann dir keiner mehr nehmen!
LG Grit
PS: An den "Kritker": Dein Hobby, zu kritisieren, ohne Ahnung zu haben, ist nicht komischer!!!
Der Kitiker (Sonntag, 16 Juli 2023 21:09)
Tach.
Ein Busfahrer auf Auszeittour?
Ca. 15000km aufm Moped?
Mit ca. 60 Kalendertagen Urlaub?
Na ich weiß nicht, wozu das gut sein soll?
Fragen? über Fragen?
@all werdet auch so ein Busfahrer und die Tickets werden immer teurer⁉️
Der Kritiker
PS. komisches Hobby
Hermann (Mittwoch, 12 Juli 2023 21:07)
Hallo Jörg, dein Blog ist ein Erlebnis wie die Reise selbst.
Ich freue mich, dass du wohlbehalten wieder nach Hause fahren konntest.
Bis demnächst mal.
Viele Grüße Hermann
Siegbert Krull (Mittwoch, 28 Juni 2023 18:27)
Das war alles sehr interessant danke für die ausführliche Beschreibung und natürlich die Bilder Gruß Siggi
Gerhard Rudolphi (Mittwoch, 28 Juni 2023 11:38)
Ich wünsche dir eine gute Rückreise! Komme gut wieder zu Hause an! Vati